Die meisten Menschen denken bei der Körperpflege an eine ästhetische Prozedur – ein sauberes Fell, ein schöner Haarschnitt, ein angenehmer Duft. Doch hinter der äußeren Schönheit steckt eine subtile Wissenschaft – die Biologie. Ein Tierpfleger, der die Struktur des Fells, seine Wachstumsphasen und die biologischen Prozesse, die in der Haut und den Haarfollikeln ablaufen, versteht, kann die Gesundheit des Fells wirklich beeinflussen. Biologisches Wissen ermöglicht es dem Groomer, nicht nach einer Schablone zu arbeiten, sondern mit einem Verständnis dafür, was er tut, warum er es gerade jetzt tut und welche Wirkung es haben wird.
Wie sich die Felltextur zwischen den Rassen unterscheidet
Die Fellstruktur unterscheidet sich von Rasse zu Rasse erheblich, und das bestimmt die Vorgehensweise bei der Pflege. Einige Rassen haben eine Unterwolle (z. B. Spitz oder Husky), die für Isolierung sorgt, während andere nur eine Unterwolle haben (z. B. Pudel oder Yorkie), die kontinuierlich wächst und regelmäßig getrimmt werden muss.
Lockiges Haar hat eine spiralförmige Struktur und verheddert sich leicht, wenn es nicht richtig gepflegt wird. Ein steifes Fell (z. B. ein Terrier) hat dickes Nesselhaar, das nicht von selbst ausfällt und gestrippt werden muss, ein Verfahren, das auf einem gründlichen Verständnis der Physiologie des Haarwachstums beruht.
Ein weiteres Merkmal ist die Art der Befestigung der Haare in der Haut. Bei manchen Rassen „sitzt“ das Haar fest und kann nicht schmerzfrei herausgezogen werden (deshalb ist das Trimmen z. B. beim Shih Tzu kontraindiziert), während sich bei anderen das alte Haar in der Telogenphase leicht ablösen lässt und manuell gekämmt oder gezupft werden muss.
Diese Nuancen zu verstehen, ist für einen echten professionellen Groomer sehr wichtig.
Phasen des Haarwachstums
Das Haar durchläuft mehrere Phasen: Anagen (Wachstumsphase), Katagen (Wachstumsstoppphase) und Telogen (Ausfallphase). Jede Rasse hat ihre eigene Dauer und ihr eigenes Verhältnis zu diesen Phasen.
Bei Pudeln zum Beispiel kann die Anagenphase sehr lange dauern, so dass das Fell kontinuierlich wächst, genau wie beim Menschen. Deshalb müssen Pudel regelmäßig geschoren werden – nicht, weil sie „übermäßig wachsen“, sondern weil ihr Haar biologisch gesehen nicht von selbst ausfällt. Bei Hunden mit saisonalem Haarwechsel, wie Huskys und Labradors, sind die Phasen mit dem Klima synchronisiert: Im Herbst beginnt das Anagen der Winterunterwolle und im Frühjahr das Telogen, das das alte Fell abwirft.
Ein Hundefriseur, der weiß, in welcher Phase sich das Fell gerade befindet, kann den besten Zeitpunkt für das Scheren oder Trimmen wählen. Trimmen während des Telogens kann die Follikel beschädigen oder ungleichmäßiges Wachstum verursachen. Wenn du in der Anagenphase arbeitest, ist das Ergebnis stabiler und das Haar wächst gesünder nach.
Deshalb ist es wichtig, das Haar nicht nur zu sehen, sondern auch seine biologische Sprache zu „lesen“.
Biologische Funktion der Wolle
Wolle ist ein komplexes biologisches System, das viele lebenswichtige Funktionen erfüllt. Sie reguliert die Körpertemperatur, schützt vor ultraviolettem Licht, speichert die Hautfeuchtigkeit, reflektiert einige Bakterien und ist sogar ein wichtiger Teil der Kommunikation – durch den Geruch, der sich im Fell ansammelt, „erzählt“ der Hund anderen von sich.
Jeder Felltyp ist die Antwort der Natur auf die Umwelt. Ein gelocktes Fell schützt vor Feuchtigkeit, eine dicke Unterwolle vor Kälte und ein kurzes, glattes Fell sorgt für die Wärmeregulierung in heißen Klimazonen. Wenn der Tierpfleger falsch schneidet oder die biologischen Merkmale der Rasse nicht berücksichtigt, kann er diese natürlichen Abwehrkräfte beeinträchtigen.
Wenn zum Beispiel das Fell einer Rasse mit doppeltem Fell (wie einem Akita, Spitz oder Chow Chow) komplett abrasiert wird, kann dies die Wärmeregulierung des Tieres zerstören und zu Überhitzung, Verbrennungen oder sogar zum Verlust der Fähigkeit des Fells, sich richtig zu regenerieren, führen. Deshalb muss der Tierpfleger über das natürliche Gleichgewicht wachen.
Einfluss der Ernährung auf den Zustand von Fell und Haut
Die ersten Anzeichen von Ernährungsstörungen, Vitaminmangel oder Verdauungsproblemen zeigen sich sofort im Fell. Kratzigkeit, Stumpfheit, Schuppen, übermäßige Fettigkeit oder Trockenheit, unangenehmer Geruch – all das sind oft keine kosmetischen Probleme, sondern ein Signal von innen.
Proteine sind die Grundlage der Haarstruktur. Wenn sie in der Ernährung fehlen, wird das Fell dünn, schwach und wächst langsam. Fettsäuren (vor allem Omega-3 und Omega-6) sind für den Glanz, die Elastizität und die Feuchtigkeit des Fells verantwortlich. Vitamine A, E, B-Komplex – wichtig für die Erneuerung der Hautzellen, ein normales Fellwachstum und eine entzündungshemmende Wirkung.
Auch Wasser ist ein wichtiger Faktor. Ein dehydrierter Hund verliert zunächst einmal seinen Fellglanz, beginnt zu haaren und zu jucken. Ein kompetenter Hundefriseur sollte also mehr können als nur waschen und trimmen, sondern auch auf mögliche Anzeichen von Ernährungsproblemen achten – und dir raten, einen Tierarzt aufzusuchen oder die Ernährung deines Hundes umzustellen.
Es ist auch wichtig, die Individualität des Hundes zu berücksichtigen: Selbst das beste Futter passt vielleicht nicht zu einem bestimmten Tier. Manchmal ist es das Fell, das dir als erstes sagt, dass etwas nicht stimmt – aber nur ein aufmerksamer Hundefriseur kann es hören.
Mauser
Die Mauser ist ein natürlicher Prozess der Fellerneuerung, der bei den meisten Hunden auftritt. Aber ein Hundefriseur sollte sie nie als „nur saisonales Phänomen“ behandeln. Die Mauser ist die biologische Reaktion des Körpers auf Veränderungen der Temperatur, des Lichts, der Hormone und sogar des Stressniveaus. Und was am wichtigsten ist: Intensität, Dauer und Art der Mauser hängen direkt mit der Rasse und der Gesundheit des Hundes zusammen.
Bei kurzhaarigen Hunden (wie Labradoren oder Möpsen) kann der Fellwechsel nicht nur saisonal, sondern fast permanent sein. Bei langhaarigen Rassen mit Unterwolle (Spitz, Akita, Husky) kommt es zweimal im Jahr zu einer massiven „Explosion“ der Haare. Und es gibt Rassen, die sich fast nicht mausern, weil ihr Haar ständig wächst (Pudel, Yorkies), und sie müssen regelmäßig geschnitten werden.
Ein Hundefriseur kann deinem Hund helfen, die Mauser gut zu überstehen: tote Haare richtig auskämmen, Zusammenfallen verhindern, die Haut „atmen“ lassen. Er kann auch Anomalien wie übermäßiges Haaren, haarlose Stellen, Juckreiz oder Irritationen erkennen.
Außerdem macht die Fellpflege während der Schuppenzeit das Leben des Besitzers viel einfacher: weniger Haare zu Hause, weniger Stress für den Hund und ein angenehmes Gefühl von gepflegter Haut und gepflegtem Fell. Aber nur, wenn der Hundefriseur weiß, wie man mit der Natur arbeitet und nicht gegen sie ankämpft.
Fazit
Fellpflege ist eine biologisch begründete Kunst. Ein Pfleger, der die Struktur des Fells kennt, seine Wachstumsphasen versteht, die Hautfunktionen, die Ernährung des Tieres und die Mauser berücksichtigt, pflegt und harmonisiert.
In einer Welt, in der immer mehr die Art über die Substanz gestellt wird, ist es die Biologie, die die Fellpflege zu ihrem tieferen Sinn zurückführt: die Erhaltung der Gesundheit und des Wohlbefindens des Tieres.