Anatomie der Nachtsicht eines Hundes
Hunde sind keine Nachttiere, aber ihr Sehvermögen in der Dunkelheit ist dem des Menschen weit überlegen. Diese Fähigkeit ist in der Natur angelegt und stammt von wilden Vorfahren. Die Hauptrolle beim Nachtsehen spielt eine besondere Struktur der Augen. In der Netzhaut des Hundes überwiegen Stäbchen – Fotorezeptoren, die für das Schwarz-Weiß-Sehen und die Lichtempfindlichkeit verantwortlich sind. Im Vergleich zu uns haben Hunde eine viel größere Anzahl von Stäbchen, die es ihnen ermöglichen, auch schwaches Licht, z. B. vom Sehen oder einer Straßenlaterne, wahrzunehmen.
Das Einzigartigste ist jedoch die Tapetum-Lucidum-Schicht, das Spiegelgewebe hinter der Netzhaut, das das Licht als Verstärker durch die Photorezeptoren zurückreflektiert. Dadurch wird das Bild in der Dunkelheit heller und genauer. Es ist diese Schicht, die bei Hunden den „Augenglüheffekt“ erzeugt, wenn ein Scheinwerfer oder eine Taschenlampe leuchtet. Obwohl Hunde im Dunkeln weniger Bilddetails erkennen als am Tag, sehen sie Konturen, Bewegungen und Licht viel besser als Menschen – was ihnen einen Vorteil bei der Orientierung in der Nacht verschafft.
Andere Wege der Orientierung
Das Sehvermögen ist nur ein Teil eines größeren Systems, mit dem Hunde die Welt um uns herum wahrnehmen. Selbst bei völliger Dunkelheit können sich Hunde noch gut orientieren, weil sie über andere leistungsfähige Hilfsmittel verfügen: ihren Geruchssinn, ihr Gehör und ihr Gedächtnis. Ihr Geruchssinn ist zehntausendmal empfindlicher als der eines Menschen, so dass ein Hund den Raum mit seiner Nase „ertasten“ kann – er kann sich also auch dort orientieren, wo er nichts sehen kann. Auch das Gehör versagt nicht: Hunde können hochfrequente Töne hören, die wir nicht wahrnehmen können. So können sie selbst das leise Rascheln einer Maus oder das Rascheln von Blättern in Dutzenden von Metern Entfernung wahrnehmen.
Ein weiteres wichtiges Detail ist die Fähigkeit des räumlichen Gedächtnisses. Wenn der Hund mit seinem Revier vertraut ist, merkt er sich dessen Form, Gerüche und Geräusche. Deshalb findet er selbst in völliger Dunkelheit leicht seinen Weg, umgeht Hindernisse und kehrt nach Hause zurück. All das macht Hunde zu fast unverzichtbaren Begleitern in der Nacht – deshalb arbeiten sie erfolgreich bei Suchaktionen, bei der Polizei und sogar bei der Rettung von Menschen in Notsituationen, wenn das menschliche Sehvermögen machtlos ist.